Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat ein Faltblatt
„Was Sie über Rechtsprobleme an der Gartengrenze wissen sollten “
herausgegeben. Der Inhalt dieses Faltblattes ist im Folgenden hier dargestellt.
Allgemeine Hinweise:
Bei den heutigen Grundstückspreisen sind viele Ein- und Zweifamilienhausgrundstücke recht klein und grenzen an ebenso kleine Nachbargrundstücke. Wo Menschen eng zusammenleben, muss jeder Rücksicht nehmen. Das gilt auch an der Gartengrenze.
Alle Eigentümer eines Hausgrundstückes sollten daher wissen, wie sie nach dem Gesetz bei der Gestaltung und Pflege ihres Gartens auf ihre Nachbarn Rücksicht nehmen müssen und welche Rücksichten sie von ihren Nachbarn verlangen können. Das bedeutet nicht, dass man in jedem Fall stur verlangen soll, die Nachbarn mögen jeden Buchstaben des Gesetzes beachten. Bei schmalen Reihenhausgrundstücken ist manch sinnvolle Gestaltung des Hausgartens nicht möglich, wenn alle vorgeschriebenen Grenzabstände für Pflanzen eingehalten werden. Hier kann es empfehlenswert sein, dass sich die Nachbarn über eine sinnvolle Bepflanzung an der Grundstücksgrenze einigen.
Kommt es nicht zu einer gütlichen Einigung, kann nicht sofort der Weg zu den Gerichten beschritten werden. Nach § 10 des Gütestellen- und Schlichtungsgesetzes – GüSchlG NRW – ist eine entsprechende Klage erst dann zulässig, wenn zuvor erfolglos eine außergerichtliche Streitbeilegung vor einer Gütestelle versucht worden ist (obligatorische außergerichtliche Streitschlichtung). Solche Gütestellen sind insbesondere die Schiedsämter. Name und Adresse der zuständigen Schiedsperson erfährt man bei der Gemeindeverwaltung oder dem Amtsgericht. Über weitere anerkannte Gütestellen informiert Sie das örtliche Amtsgericht. Erst wenn sich die Nachbarn vor der Gütestelle nicht einigen, können die Zivilgerichte den Streit entscheiden, falls nicht einer der Beteiligten im Interesse des weiteren Zusammenlebens doch noch nachgibt. Über Einzelheiten der obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung informiert Sie das Faltblatt „Sich vertragen ist besser als klagen“.
Die Regeln für Rechtsbeziehungen zwischen Nachbarn an der Grundstücksgrenze finden sich zunächst in dem für das gesamte Bundesgebiet geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und hier vor allem in den §§ 903 bis 924 und 1004. Weitere Fragen haben die Länder in Landesgesetzen geregelt, die nur für das Gebiet des jeweiligen Landes gelten und sich in Einzelheiten unterscheiden. In Nordrhein-Westfalen gilt das Nachbarrechtsgesetz vom 15. April 1969.
Hier sollen nur Vorschriften behandelt werden, die in Nordrhein-Westfalen an der Grenze zwischen zwei bebauten Grundstücken gelten, die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegen und Wohnzwecken dienen. An den Grundstücksgrenzen zu Gewerbegrundstücken, zu landwirtschaftlich, erwerbs- sowie kleingärtnerisch genutzten Flächen, zu Wald- oder öffentlichen Verkehrsflächen gelten zum Teil andere Regeln.
Die Einfriedung
Eigentümer sind verpflichtet, zusammen mit den Nachbarn eine Einfriedigung – etwa einen Zaun, eine Mauer, eine Hecke – auf der Grundstücksgrenze zu errichten, wenn auch nur eine Partei dies verlangt. Wirkt die Nachbarpartei nicht innerhalb von zwei Monaten nach schriftlicher Aufforderung an der Errichtung der Einfriedigung mit, so kann die Eigentümerin oder der Eigentümer die Einfriedigung allein errichten und von der Nachbarpartei anteilige Kostenerstattung verlangen. Diese und die nachfolgenden Ausführungen gelten nur für Einfriedigungen, die unmittelbar auf der Grenze stehen und zwei Grundstücke teilen, nicht aber für solche Abgrenzungen, die Grundstückseigentümer entlang der Grundstücksgrenze, aber noch auf dem eigenen Grundstück errichten.
Ausnahme:
Ein Anspruch auf Einfriedigung besteht nicht, wenn Gebäude entlang der Grundstücksgrenze stehen, wenn dies nach Bebauungsplänen oder Ortssatzungen unzulässig oder in der Nachbarschaft nicht üblich ist.
Ausführung:
Falls Bebauungspläne oder Ortssatzungen Vorschriften über die Beschaffenheit der Einfriedigung enthalten, sind diese zu beachten. Anderenfalls können sich die Nachbarn z. B. auf einen Zaun einigen. Kommt keine Einigung zustande, so kann jeder vom anderen die ortsübliche Einfriedigung oder, wenn keine ortsüblich ist, eine 1.20 m hohe Einfriedigung verlangen. Die Bauweise schreibt das Gesetz nicht vor. Wenn jedoch von dem einen Grundstück Beeinträchtigungen auf das andere Grundstück ausgehen, können Sonderregeln eingreifen.
Kosten:
Die Kosten tragen beide Eigentümerparteien zu gleichen Teilen.
Weiter zu beachten:
Manche Eigentümer wollen ihr Grundstück stärker gegen Einblicke schützen, als dies die ortsübliche Einfriedigung zulässt. Sie errichten daher entlang der Grenze auf ihrem eigenen Grundstück hohe Sichtblenden oder ähnliches. Für diese sind die Vorschriften des Nachbarrechtsgesetzes nicht anwendbar. Nach der allgemeinen Regelung des § 903 BGB darf zwar jeder Eigentümer entlang der Grenze auf seinem eigenen Grundstück Eingrenzungen nach seinen eigenen Vorstellungen errichten. Dies gilt jedoch nur, soweit er nicht das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme verletzt. Hierzu hat der Bundesgerichtshof wiederholt entschieden, dass die Vorschriften des Nachbarrechtsgesetzes für Nordrhein-Westfalen im Interesse beider Nachbarn auch die ihnen ästhetisch zumutbare Ausgestaltung der Einfriedigung regeln. Ein Nachbar dürfe diese Regelung nicht umgehen, indem er entlang der Grundstücksgrenze, aber auf dem eigenen Grundstück eine Einfriedigung errichte, die das Erscheinungsbild der ortsüblichen Einfriedigung wesentlich beeinträchtige.
Bodenerhöhungen
Jede Grundstückseigentümerin und jeder Grundstückseigentümer darf das Niveau der Erdoberfläche bis zur Grundstücksgrenze erhöhen. Dabei müssen aber ein solcher Grenzabstand eingehalten oder sonstige Vorkehrungen (z.B. Stützmauer) getroffen und unterhalten werden, dass eine Schädigung des Nachbargrundstückes insbesondere durch Abstürzen oder Abschwemmen ausgeschlossen ist.
Mit Aufschichtungen von Holz, Steinen und dergleichen sowie sonstigen, mit dem Grundstück nicht fest verbundenen Anlagen muss die Eigentümerin oder der Eigentümer mindestens 0,50 m von der Grenze wegbleiben, wenn die Aufschichtung oder Anlage nicht höher als 2 m ist. Ist sie höher, muss der Abstand um so viel mehr als 0,50 m betragen, als die Höhe 2 m übersteigt. Mit einem 2,50 m hohen Holzstapel muss danach ein Abstand von 1 m (0,50 m + 0,50 m) zur Grundstücksgrenze eingehalten werden. Dieser Grenzabstand braucht jedoch nicht gewahrt zu werden, wenn die Aufschichtung oder Anlage eine Wand oder geschlossene Einfriedigung nicht überragt oder wenn sie als Stützwand oder Einfriedigung dient (z. B. Steinlage als Stützwand).
Einschränkungen können sich aus öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, insbesondere aus dem Baurecht, dem Straßen- und Wegerecht sowie dem Wasserrecht, ergeben.
Pflanzabstände:
Hier bestimmt das Nachbarrechtsgesetz Folgendes:
Mit Bäumen außerhalb des Waldes, Sträuchern und Rebstöcken sind von den Nachbargrundstücken folgende Abstände einzuhalten:
mit Bäumen außer den Obstgehölzen, und zwar
a) stark wachsenden Bäumen, insbesondere der Rotbuche und sämtlichen Arten der Linde, der Platane, der Rosskastanie, der Eiche und der Pappel: 4.00 m,
b) allen übrigen Bäumen: 2.00 m;
mit Ziersträuchern, und zwar
a) stark wachsenden Ziersträuchern, insbesondere dem Feldahorn, dem Flieder, dem Goldglöckchen, der Haselnuss, den Pfeifensträuchern (falscher Jasmin): 1.00 m,
b) allen übrigen Ziersträuchern: 0.50 m
Mit Obstgehölzen, und zwar
a) Kernobstbäumen, soweit sie auf stark wachsender Unterlage veredelt sind, sowie Süßkirschbäumen, Walnussbäumen und Esskastanienbäumen: 2.00 m;
b) Kernobstbäumen, soweit sie auf mittelstark wachsender Unterlage veredelt sind, sowie Steinobstbäumen, ausgenommen die Süßkirschbäume: 1.50 m,
c) Kernobstbäumen, soweit sie auf schwach wachsender Unterlage veredelt sind: 1.00 m,
d) Brombeersträuchern: 1.00 m,
e) allenübrigen Beerenobststräuchern: 0.50 m;
mit Rebstöcken, und zwar
a) in geschlossenen Rebanlagen, deren Gesamthöhe 1.80 m übersteigt: 1.50 m,
b) in allen übrigen geschlossenen Rebanlagen: 0.75 m,
c) einzelnen Rebstöcken: 0.50 m.
Die Aufzählung der stark wachsenden Bäume und der stark wachsenden Ziersträucher ist nur beispielhaft, nicht aber abschließend.
Die Frage, welche anderen Bäume oder Ziersträucher ebenfalls zu den stark wachsenden zählen, ist eine botanische Frage. Ihre Beantwortung hängt davon ab, ob der andere Baum oder Zierstrauch den ausdrücklich als stark wachsend genannten Bäumen (Rotbuche, Linde usw.) bzw. den ausdrücklich als stark wachsenden Ziersträuchern (Feldahorn, Flieder usw.) hinsichtlich Ausdehnung, Höhe und sonstigem Wuchs ähnlich sind. Die Frage kann u.U. für denselben Baum oder Zierstrauch je nach Standort, beispielsweise mit Blick auf unterschiedliche Klima-, Boden- und Höhenverhältnisse, verschieden zu beantworten sein. Die Einordnung der im Gesetz nicht ausdrücklich genannten Bäume oder Ziersträucher ist z.T. umstritten. Die Entscheidung, wie bestimmte Bäume oder Ziersträucher zu beurteilen sind, hat der Landesgesetzgeber bewusst den Gerichten überlassen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass im Streitfall Bäume und Ziersträucher jeweils sachgerecht nach den individuellen Gegebenheiten eingeordnet werden können.
Für Zier- und Beerensträucher ist außerdem bestimmt, dass sie in ihrer Höhe das Dreifache ihres Abstandes zum Nachbargrundstück nicht überschreiten dürfen. Strauchtriebe, die in einem geringeren als der Hälfte des vorgeschriebenen Abstandes aus der Erde treten, sind zu entfernen. Ein Fliederbusch, der einen Abstand von 1 m hält, darf daher nicht höher als 3 m werden. Ein Beerenstrauch, der in einem Abstand von 0.50 m von der Grenze gepflanzt ist, darf nicht höher als 1.50 m werden. Die genannten Abstände werden von der Mitte des Baumstammes oder des Strauches waagerecht und rechtwinklig zur Grenze gemessen, und zwar an der Stelle, an der der Baum oder Strauch aus dem Boden austritt.
Hecken von über 2 m Höhe müssen einen Grenzabstand von mindestens 1 m und Hecken bis zu 2 m Höhe einen Abstand von 0.50 m einhalten. Der Abstand wird hier nicht von der Mitte des Stammes, sondern von der dem Nachbarn zugekehrten Seitenfläche der Hecke aus gemessen. Die spätere Seitenausdehnung der Anpflanzung ist daher beim Setzen zu berücksichtigen. Eine bestimmte Höhenbegrenzung schreibt das Nachbarrechtsgesetz nicht vor. Im Streitfall entscheiden die Gerichte unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten, ob die über 2 m Höhe hinausgehende Anpflanzung noch den Charakter einer Hecke erfüllt.
Ausnahmen:
Die Abstandsregeln gelten nicht, wenn die Hecke als Einfriedigung auf die Grundstücksgrenze gesetzt worden ist. Sie gelten ferner nicht für Anpflanzungen, die hinter einer geschlossenen Einfriedigung vorgenommen werden und diese nicht überragen; als geschlossen gilt eine Einfriedigung, deren Bauteile breiter sind als die Zwischenräume.
Die verringerten Grenzabstände für Hecken werden Eigentümer im übrigen nur dann in Anspruch nehmen können, wenn sie die Anpflanzung auch als Hecke halten. Ein Erläuterungsbuch zum Nachbarrechtsgesetz Nordrhein-Westfalen führt dazu aus: „Richtig ist allerdings, dass nicht nur gepflegte Hecken als Hecken anzusehen sind. Sträucher und Bäume, die wachsen, ohne beschnitten zu werden, sind jedoch keine Hecken im Sinne des Gesetzes… Etwas anderes kann nur für derartige Pflanzen gelten, die ohnehin ihrem natürlichen Wuchs entsprechend auch ohne besondere Behandlung in einer Form wachsen, die Heckencharakter hat… Fichten, die in einer Reihe gepflanzt sind, aber nicht beschnitten werden, können daher nicht als Hecken angesehen werden… Mit ihnen ist daher der für Bäume vorgesehene Abstand einzuhalten.“
Beseitigungsanspruch:
Jede Grundstücksnachbarin und jeder Grundstücksnachbar kann von anderen verlangen, Anpflanzungen, die die erforderlichen Abstände nicht einhalten, zu beseitigen bzw. Hecken zurückzuschneiden.
Ausschlussfrist:
Nun kommt es häufig vor, dass Grundstückseigentümer ihre Grundstücke ohne Rücksicht auf die Abstandsvorschriften bepflanzen und die Nachbarin oder der Nachbar zunächst nichts unternimmt, weil die Anpflanzung nicht stört oder um Schwierigkeiten mit den Eigentümern zu vermeiden. Verlangt die Nachbarin oder der Nachbar später die Beseitigung der Anpflanzung, so kann dies die Eigentümerin oder den Eigentümer unangemessen treffen, etwa weil der Baum vor ein paar Jahren noch hätte aus dem Abstandsbereich heraus versetzt werden können, während er heute gefällt und neu gepflanzt werden müsste. Das Nachbarrechtsgesetz sieht daher eine Ausschlussfrist vor.
Die Beseitigung einer Anpflanzung, die die erforderlichen Abstände nicht einhält, kann nicht mehr verlangt werden, wenn die Nachbarin oder der Nachbar nicht binnen sechs Jahren nach dem Anpflanzen Klage auf Beseitigung erhoben hat.
Für den Fall, dass der erforderliche Abstand von der Höhe der Anpflanzung abhängt wie z. B. bei Hecken, hat die Rechtsprechung wiederholt entschieden, dass die Frist in dem Augenblick beginnt, in dem der vom Gesetz vorgeschriebene Abstand infolge des Wachstums der Anpflanzung nicht mehr gewahrt ist.
Es empfiehlt sich daher, gelegentlich einen Blick auf die Anpflanzungen der Nachbarn zu werfen. Bei Anpflanzungen, die die vorgeschriebenen Grenzabstände nicht einhalten, sollte man sich innerhalb der Sechsjahresfrist überlegen, wie sie sich weiter entwickeln werden und ob man die weitere Entwicklung hinnehmen will. Ein junger Baum an der Grenze stört vielleicht nicht. In 20 Jahren wird er möglicherweise viel mehr Licht wegnehmen und im Herbst viel mehr Blätter abwerfen.
Nach Fristablauf:
Wenn die Ausschlussfrist abgelaufen ist, sollte die Eigentümerpartei, auf deren Grundstück die Anpflanzung steht, nicht triumphieren und die Nachbarin oder der Nachbar nicht verzweifeln. Auch wenn die Beseitigung der Anpflanzung nicht mehr verlangt werden kann, gelten z.B. die nachstehend erörterten Vorschriften über den Überhang. Soweit also Äste und Wurzeln des zu nahe an der Grenze stehenden Baumes über die Grenze wachsen, kann die Nachbarin oder der Nachbar unter den nachstehend dargestellten Voraussetzungen Beseitigung verlangen. Das kann für die Eigentümerin oder den Eigentümer des Baumes auf Dauer teuer werden, insbesondere dann, wenn die Wurzeln in die Kanalisationsrohre der Nachbarn hineinwachsen. Auch nach Ablauf der Sechsjahresfrist sollten daher Eigentümer und Nachbarn versuchen, Probleme an der Gartengrenze einverständlich vernünftig zu regeln.
Vereinbarungen:
Wie bereits erwähnt, dürfte es häufig zweckmäßiger sein, sich mit den Nachbarn zu einigen, als sich wegen der Grenzabstände mit ihnen auseinander zu setzen, zumal dann, wenn die Anpflanzung ein paar Zentimeter weiter von der Grenze weg und damit außerhalb der Abstandsflächen praktisch genauso viel Licht wegnimmt wie am jetzigen Standort. Man kann mit den Nachbarn Vereinbarungen über die Anpflanzungen auf deren Grundstück treffen, beispielsweise, dass man selbst eine Hecke entlang der Grundsücksgrenze duldet, die Nachbarin oder der Nachbar sie aber nicht höher als 2.20 m wachsen lässt.
Solche Vereinbarungen sind grundsätzlich mündlich wirksam. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich aber, sie schriftlich niederzulegen. Die Vereinbarung bindet nur die jetzigen Nachbarn, nicht aber diejenigen, denen sie etwa später ihr Grundstück verkaufen. Man kann auch für diesen Fall Vorsorge treffen. Dann sollte man sich aber von einer Notarin oder einem Notar oder von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt beraten lassen.
Überhang:
Die Eigentümerin oder der Eigentümer eines Grundstücks kann von den Eigentümern des benachbarten Grundstücks verlangen, dass diese Wurzeln und Zweige, die über die Grundstücksgrenze wachsen, beseitigen, wenn die Wurzeln oder Zweige die Benutzung des Grundstücks beeinträchtigen (§ 1004 BGB).
Eigentümerinnen und Eigentümer dürfen aber auch zur Selbsthilfe greifen und die Beseitigung selbst vornehmen, bei Wurzeln sofort und bei Zweigen, wenn sie der Besitzerin oder dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung gesetzt haben und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt (§ 910 BGB).
Ein Abschneiderecht besteht jedoch nicht, wenn der Überhang die Grundstücksbenutzung nicht oder nur ganz unerheblich beeinträchtigt. Weiter ist zu beachten, dass das Selbsthilferecht nach § 910 BGB durch landesrechtliche Bestimmungen zugunsten des Naturschutzes eingeschränkt werden kann.
Nordrhein-Westfalen hat in § 45 des Landschaftsgesetzes den Schutz des Baumbestandes den Gemeinden überlassen. Viele Gemeinden haben bereits Baumschutzsatzungen erlassen, nach denen bestimmte Bäume nicht gefällt, geschädigt oder in ihrem Aufbau wesentlich verändert werden dürfen.
Bevor man daher von Nachbarn die Beseitigung von Ästen oder Wurzelwerk verlangt oder selbst Hand anlegt, sollte man sich bei der Gemeinde erkundigen, ob nicht eine Baumschutzsatzung den Eingriff verbietet. Früchte eines Baumes oder Strauches, die von selbst auf ein Nachbargrundstück fallen, gehören der Nachbarin oder dem Nachbarn. Bis zum Abfallen gehören sie der Eigentümerin oder dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Baum oder Strauch steht.
Laub:
In den letzten Jahren ist immer wieder die Frage aufgeworfen worden, ob Eigentümerinnen und Eigentümer es entschädigungslos hinnehmen müssen, dass das Laub von Nachbars Bäumen auf ihr Grundstück weht, oder ob sie von der Nachbarin oder dem Nachbarn Ersatz für das Beseitigen des Laubes, insbesondere auch, soweit es Dachrinnen verstopft, verlangen können. Die Beantwortung der Frage, ob der Nachbarin oder dem Nachbarn ein Ausgleichsanspruch zusteht, hängt von den gesamten Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab, wobei das gestiegene Umweltbewusstsein und die erhöhte Wertschätzung von Bäumen und Pflanzen in der Bevölkerung vielfach dazu führen, dass der Laubbefall vom Nachbargrundstück entschädigungslos hinzunehmen ist.
Bodenerhöhungen:
Jede Grundstückseigentümerin und jeder Grundstückseigentümer darf das Niveau der Erdoberfläche bis zur Grundstücksgrenze erhöhen. Dabei müssen aber ein solcher Grenzabstand eingehalten oder sonstige Vorkehrungen (z.B. Stützmauer) getroffen und unterhalten werden, dass eine Schädigung des Nachbargrundstückes insbesondere durch Abstürzen oder Abschwemmen ausgeschlossen ist.
Mit Aufschichtungen von Holz, Steinen und dergleichen sowie sonstigen mit dem Grundstück nicht fest verbundenen Anlagen muss die Eigentümerin oder der Eigentümer mindestens 0,50 m von der Grenze wegbleiben, wenn die Aufschichtung oder Anlage nicht höher als 2 m ist. Ist sie höher, muss der Abstand um so viel mehr als 0.50 m betragen, als die Höhe 2 m übersteigt. Mit einem 2.50 m hohen Holzstapel muss danach ein Abstand von 1 m (0.50 m + 0.50 m) zur Grundstücksgrenze eingehalten werden. Dieser Grenzabstand braucht jedoch nicht gewahrt zu werden, wenn die Aufschichtung oder Anlage eine Wand oder geschlossene Einfriedigung nicht überragt oder wenn sie als Stützwand oder Einfriedigung dient (z.B. Steinlage als Stützwand). Einschränkungen können sich aus öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, insbesondere aus dem Baurecht, dem Straßen- und Wegerecht sowie dem Wasserrecht, ergeben.
Diese Faltblatt gibt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – einen Überblick über die gesetzliche Regelung häufiger Fälle.
Zu konkreten nachbarrechtlichen Problemen dürfen weder das Justizministerium noch – außerhalb eines Gerichtsverfahrens – die Gerichte Stellung nehmen.
Herausgegeben vom Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Referat für Öffentlichkeitsarbeit, 40190 Düsseldorf; Info 17/Stand: 2003 Druck: Justizvollzugsanstalt Geldern, Möhlendyck 50, 47608 Geldern