Warum benötigt man die Gebäudeeinmessung?
In allen Bauordnungen über Abstandflächen, Baulasten etc. bestehen rechtliche Bezüge zu vorhandenen Gebäuden. Bei knapperen und teureren Bodenressourcen und dem damit verbundenen höheren Ausnutzungsgrad ist es zur Beurteilung jedes Bauvorhabens unerlässlich, die Relationen zu vorhandenen Gebäuden exakt zu kennen. Auch im Freistellungsverfahren muss ein solcher Nachweis erbracht werden, der nur bei Vorliegen der Gebäude in einem entsprechenden Nachweis mit der notwendigen Genauigkeit darstellbar ist.
Grenznachbarn haben ein elementares Interesse an einem exakten Nachweis von Gebäuden auf dem jeweilig anderem Grundstück. Abstandflächen haben immer auch nachbarschützende Wirkungen. Eine entsprechende Sicherheit kann der Nachbar nur aus dem exakten Liegenschaftsnachweis ziehen.
In Fragen des Rettungswesens, der Feuerwehren, der Polizei und des Katastrophenschutzes ist ein vollständiger und aktueller adressierbarer Gebäudebestand unerlässlich
Das Liegenschaftskataster dient mit den Flurstücken und Gebäuden als Grundlage für viele vermessungstechnische Aufgaben. Von den Gebäuden lassen sich vor Ort viel Relationen ableiten
Letztlich ist die Genauigkeit entscheidend, denn ohne die notwendige Genauigkeit sind Vollständigkeit und Aktualität nicht ausreichend. Aus Luftbildern/ Orthophotos auch der neuesten Generation lassen sich auch heute noch nicht Gebäude mit der notwendigen Präzision ableiten. Abdeckungen durch Vegetation, Dachüberstände, Schattenwürfe etc. lassen eine Auswertung auf Liegenschaftsvermessungsniveau nicht zu. Nebenbei ist es auch oft unmöglich, aus Luftbildern Aussagen zur Funktion des Gebäudes abzuleiten, die ebenfalls ein wichtiges Informationsmerkmal darstellt. Im Bauordnungs-, Bauplanungs- und Nachbarrecht sind Genauigkeiten im unteren einstelligen Zentimeterbereich zwingend. Es gibt genug Gerichtsurteile, die Genauigkeitsanforderungen für Abstandsflächen, Baulasten etc. im Bereich von 1-3 cm stellen.
Die Kostenfrage für die Gebäudeeinmessungspflicht basiert in der Regel auf dem Verursacherprinzip, d.h., wer ein Gebäude errichtet oder verändert, hat die Kosten für die notwendige Vermessung des Gebäudes und die Übernahme in das Liegenschaftskataster zu tragen. Mit einer Übernahme der Gebäude durch Luftbildauswertung würde dieses Prinzip wegfallen und stattdessen die Allgemeinheit die Kosten tragen.
Die Realisierung der Aktualität über Befliegung/ Luftbildauswertung ist nicht finanzierbar, denn dafür müsste die Anzahl der Befliegungen erhöht bzw. deren Zyklus verkleinert werden. Selbst wenn man die Gebäude aus Luftbildern in die Karte einführt, müsste man doch für jeden Lageplan zum Bauantrag und für jeden Bebauungsplan im bebauten Umfeld die relevanten Gebäude erneut mit der entsprechenden Genauigkeit einmessen.
Zusammenfassend gibt es in unserem Rechtssystem keine vernünftige Alternative zur Gebäudeeinmessungspflicht. Die Gebäudeeinmessung muss weiterhin eine Katastervermessung und damit eine hoheitliche Aufgabe darstellen um auch in Zukunft die Rechtssicherheit, Genauigkeit und Aktualität des Liegenschaftskatasters als Geobasisinformationssystem zu gewährleisten.
(aus: FORUM, Zeitschrift des Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure, 34. Jahrgang 2008, BDVI)
Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über
die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster
(DVOzVermKatG NRW §19)